© Yoko Ono/Studio One
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Um für den Frieden auf der Welt zu werben, wird Yoko Ono am 15. September (um 19 Uhr) in Paris ihre spektakuläre Fluxus-Aktion 'Cut Piece' - eines der Schlüsselwerke ihrer Kunst - aufführen. Stattfinden wird die Neuauflage ihres wohl bekanntesten Happenings im Théâtre le Ranelagh, wo sie das Publikum auffordern wird mit einer Schere Stücke ihre Kleider abzuschneiden und diese "dann an jemanden zu senden, den man liebt" (Zitat Yoko Ono).
"Cut Piece is my hope for world peace", sagte Yoko anläßlich der Ankündigung der Aktion und ergänzte: "When I first performed this work in 1964, I did it with some anger and turbulence in my heart. This time I do it with love for you, for me and for the world. Come and cut a piece of my clothing wherever you like the size of less than a postcard, and send it to the one you love." (O-Ton Yoko)
Mit ihrem 'Cut Piece' hatte Yoko für Furore gesorgt, weil dieses Werk neue Dimensionen eröffnete und vorherige Interpretationen zu der Frage, was denn nun Kunst sei und wohin sie führe, sprengte. Erstmals zu sehen war die Performance am 20. Juli 1964 in der Yamaichi Hall, Kioto (Japan). Für die Dauer von einer Stunde kniete Yoko auf einer Bühne, wobei das Publikum aufgefordert war, mit einer Schere ihre Kleider abzuschneiden.
Acht Monate später, am 21. März 1965, zeigte Yoko 'Cut Piece' auf der Bühne der Carnegie Recital Hall in New York (Bild links) und ließ sich dabei von Albert und David Maysles filmen. (Das Brüderpaar sollte später mit 'Gimme Shelter' auch jenes Konzert der Rolling Stones in Altamont dokumentierten, bei dem ein junger Afroamerikaner vor der Bühne - und vor laufender Kamera - von Hells Angels ermordet wurde.)
Das Opfer in 'Cut Piece' bleibt zum Glück symbolisch: Ono hatte im Publikum die Anweisung verteilt, ihr die Kleidung vom Leib zu schneiden. Im Film sieht man, wie bereitwillig vor allem männliche Zuschauer dieser Aufforderung folgten. Ein studentischer Typ um die zwanzig mag die Schere gar nicht mehr aus der Hand legen, während Yoko still und etwas ängstlich die Cut-off-Prozedur über sich ergehen lässt. Auch Frauen machen bei 'Cut Piece' mit. Sie trennen zwar ein wenig vorsichtiger den Kragen ab und verschonen Onos BH. Aber immerhin, auch sie schneiden.
Erst als Yoko Ono die Fetzen ihrer Unterwäsche nur noch mit Mühe halten kann, wird die Performance abgebrochen. Was wie eine künstlerische Spassaktion beginnt, entpuppt sich als schonungslose Entwürdigung, bei der der Horror des "bloßen" Blickobjekt-Seins, wie es der Wiener Kritiker Christian Höller nennt, auch im Gesicht von Ono sichtbar wird.
Web-Tipp: www.theatre-ranelagh.com
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